Wer bekommt was? Die Aufteilung des Nachlasses im Detail erklärt

Von So einfach ist das
Anwalt im Gespraech mit Mandant bei Vertragsberatung – Symbolbild fuer Testament und Erbvertrag im Erbrecht Wuerzburg

Wer stirbt, hinterlässt nicht nur Erinnerungen, sondern auch rechtliche Verantwortung. Viele Erbfälle verlaufen nicht konfliktfrei – besonders dann, wenn keine klare Regelung getroffen wurde. Gerade bei Immobilien oder größeren Vermögen sorgt das deutsche Erbrecht für komplexe Verteilungen. In Städten wie Würzburg, wo Eigentum, Unternehmensanteile oder Patchworkfamilien zum Alltag gehören, gewinnt ein durchdachtes Erbkonzept an Bedeutung. Erbrecht Würzburg ist kein juristisches Nischenthema, sondern betrifft tausende Menschen – früher, als sie denken.


Gesetzliche Erbfolge: Was passiert ohne Testament?

Fehlt ein Testament, greift die gesetzliche Erbfolge. Diese ist in Paragraf 1924 ff. BGB klar geregelt – aber selten ideal für moderne Familienverhältnisse.

Wichtige Grundsätze:

  • Kinder erben zuerst. Sie teilen sich den Nachlass zu gleichen Teilen. Ehepartner erhalten zusätzlich einen festen Anteil.

  • Ehepartner erben je nach Güterstand. Bei einer Zugewinngemeinschaft steht dem Ehepartner ein Viertel plus ein weiteres Viertel zu – insgesamt also die Hälfte.

  • Eltern, Geschwister oder Großeltern kommen nur zum Zug, wenn es keine Kinder gibt.

Beispiel: Verstirbt eine Mutter ohne Testament und hinterlässt zwei Kinder sowie einen Ehemann (Zugewinngemeinschaft), erhält der Ehemann die Hälfte, die beiden Kinder jeweils ein Viertel.

Das Problem: Das Gesetz berücksichtigt keine individuellen Wünsche, Lebenspartner ohne Trauschein oder Kinder aus früheren Ehen.

Typische Erbverteilungen: Wer wie viel bekommt?

Die gesetzliche Erbfolge folgt einem starren Schema. Hier ein Überblick, wie der Nachlass typischerweise verteilt wird – abhängig von der Familiensituation:

Familiensituation Verteilung des Nachlasses
Verheiratet, 2 Kinder, Zugewinngemeinschaft Ehepartner: 50 %, Kinder je 25 %
Ledig, mit 1 Kind Kind: 100 %
Verheiratet, ohne Kinder, Eltern noch lebend Ehepartner: 75 %, Eltern je 12,5 %
Verheiratet, ohne Kinder, Eltern verstorben Ehepartner: 100 %
Geschieden, 2 Kinder Kinder je 50 %
Unverheiratet, 1 Lebensgefährte, 1 Kind Lebensgefährte: 0 % (ohne Testament), Kind: 100 %
Patchwork: Ehepartner mit 1 Kind, 1 Stiefkind Kind: 50 %, Ehepartner: 50 %, Stiefkind: 0 % (ohne Adoption)

🔎 Hinweis: Ohne individuelle Regelung haben Lebenspartner, Stiefkinder und Freunde keine gesetzlichen Ansprüche.

Holzfiguren einer Familie mit Richterhammer im Hintergrund – Darstellung gesetzlicher Erbfolge im Erbrecht Wuerzburg

Der Pflichtteil: Schutz gegen Enterbung

Selbst wer ein Testament aufsetzt, kann bestimmte Personen nicht vollständig ausschließen. Der Pflichtteil garantiert einen Mindestanteil für nahe Angehörige – vor allem für Kinder und Ehepartner.

  • Der Pflichtteil beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils

  • Er wird nicht automatisch ausgezahlt, sondern muss aktiv eingefordert werden

  • Anspruchsberechtigt sind: Kinder, Ehegatten und ggf. Eltern des Verstorbenen

Häufige Fragen:

  • Kann man auf den Pflichtteil verzichten? → Ja, mit notarieller Erklärung

  • Verfällt der Pflichtteil? → Nach drei Jahren (ab Kenntnis des Erbfalls)

Ein gut durchdachtes Testament berücksichtigt Pflichtteile von Anfang an und verhindert spätere Streitigkeiten.

Besondere Konstellationen: Patchwork, Unternehmen, Immobilien

In der Beratungspraxis zeigen sich regelmäßig Konstellationen, die die gesetzliche Regelung sprengen. Drei Beispiele:

1. Patchworkfamilien
Kinder aus erster Ehe erben, auch wenn sie nicht beim Verstorbenen lebten. Häufige Folge: Teilungsversteigerung des Familienhauses, weil die Kinder ihren Anteil verlangen.

2. Selbstständige & Unternehmer
Fehlt ein Unternehmertestament, droht die Zerschlagung des Betriebs. Hier ist präzise Nachfolgeplanung zwingend.

3. Immobilien in Ballungsräumen
Gerade in Städten wie Würzburg mit steigenden Immobilienwerten müssen Erben oft hohe Erbschaftsteuer zahlen. Ohne Liquidität kann das zur finanziellen Schieflage führen.

Testament oder Erbvertrag: Wann was sinnvoll ist

Testament 📜 Erbvertrag
Einseitig änderbar – jederzeit widerrufbar Nur mit Zustimmung der anderen Vertragspartei änderbar
Keine notarielle Beurkundung erforderlich (handschriftlich möglich) Muss notariell abgeschlossen werden
Eignet sich gut für einfache Nachfolgeregelungen Ideal bei komplexen Vermögensstrukturen, z. B. mit Unternehmen
Gilt erst im Todesfall und kann allein verfasst werden Ist ein zweiseitiger Vertrag, rechtlich verbindlich ab Unterzeichnung
Günstiger und flexibler in der Erstellung Rechtssicher, aber aufwendiger und weniger flexibel

Typische Fehler – und wie man sie vermeidet

  • Mündliche Absprachen: Ohne schriftliche Form nicht gültig

  • Handgeschriebenes Testament ohne Datum: Kann angefochten werden

  • Keine klare Erbenregelung: Führt zu Miterbengemeinschaften

  • Immobilien ohne Bewertung: Erschwert faire Aufteilung und Steuerberechnung

Wer frühzeitig plant, spart nicht nur Steuern, sondern bewahrt die Familie vor Streit.

Aelterer Mann unterzeichnet ein handschriftliches Testament am Tisch – Symbolbild fuer Erbrecht Wuerzburg


„Die meisten unterschätzen, wie schnell Erbstreit entsteht“

RAin Julia König ist seit 18 Jahren auf Erbrecht Würzburg spezialisiert. In ihrer Kanzlei in Würzburg berät sie Familien, Unternehmer und Alleinerziehende. Im Interview spricht sie über typische Fallstricke, emotionale Belastungen – und warum es oft besser ist, nicht zu warten.

Frau König, wann ist der richtige Zeitpunkt, sich mit dem eigenen Nachlass zu beschäftigen?

Der beste Zeitpunkt ist nicht das Rentenalter, sondern der Moment, in dem Vermögen, Verantwortung oder Kinder im Spiel sind. Viele meiner Mandanten sagen: „Ich bin doch noch jung.“ Doch Krankheit oder Unfall kommen oft schneller als gedacht. Wer vorbereitet ist, verhindert Streit – und schützt die Familie.

Was sehen Sie bei Ihren Mandanten aus Würzburg am häufigsten?

Ganz typisch: Immobilien im Stadtgebiet oder im Umland, die mehrere Erben betreffen. Oft leben Kinder nicht mehr vor Ort oder haben unterschiedliche Interessen. Ohne klare Regelung wird aus dem Elternhaus schnell ein Streitobjekt. Besonders heikel: wenn ein Kind drin wohnt und die anderen auszahlen will – oder muss.

Welche Rolle spielt dabei der Pflichtteil?

Eine sehr große. Viele wollen einzelne Kinder „enterben“, etwa bei Funkstille oder persönlichen Enttäuschungen. Doch das funktioniert nicht so einfach. Der Pflichtteil steht dem Kind rechtlich zu – und muss bar ausgezahlt werden. Ich hatte kürzlich einen Fall, bei dem das Familienhaus verkauft werden musste, nur um Pflichtteile auszahlen zu können.

Gibt es Fälle, in denen kein Testament besser ist?

Kaum. Die gesetzliche Erbfolge ist oft ein schlechter Kompromiss. Sie ignoriert Lebenspartner, Patchwork-Konstellationen oder emotionale Bindungen außerhalb der Verwandtschaft. Nur ein Testament – oder ein Erbvertrag – kann individuelle Wünsche rechtssicher abbilden. Auch wenn das emotional nicht immer leicht ist.

Was raten Sie konkret?

Lassen Sie sich beraten – nicht nur vom Notar, sondern im Idealfall auch juristisch. Testamente aus dem Internet sind ein Risiko. Und reden Sie mit Ihrer Familie. Das „Schweigen über den Tod“ führt oft zu Misstrauen. Wer offen kommuniziert, entschärft viele Probleme im Vorfeld.

Gibt es einen Fall, der Sie besonders geprägt hat?

Ja. Eine Familie hatte ein Vermögen von knapp einer Million Euro – verteilt auf ein Mehrfamilienhaus, Wertpapiere und Konten. Der Vater hatte kein Testament hinterlassen. Die Folge: drei Geschwister, zwei Rechtsanwälte, sechs Jahre Streit. Am Ende blieb kaum etwas übrig. Die Familie spricht bis heute nicht miteinander. Das hätte man mit einer klaren Regelung in 30 Minuten verhindern können.

Frau König, vielen Dank für Ihre Zeit und Ihre Einblicke.

Sehr gern. Ich wünsche mir, dass mehr Menschen den Mut haben, dieses Thema frühzeitig anzugehen. Es ist keine Frage des Alters – sondern des Respekts gegenüber den eigenen Angehörigen.


Familienfrieden beginnt auf dem Papier

Ein durchdachtes Testament ist kein Zeichen von Misstrauen, sondern ein Akt der Verantwortung. Wer Klarheit schafft, schützt seine Liebsten vor Konflikten und finanziellen Risiken. Gerade in Regionen wie Würzburg, wo Vermögen oft aus Immobilien besteht, ist die individuelle Nachlassplanung unverzichtbar. Denn nur, wer weiß, wer was bekommt, kann Streit vermeiden.

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